HTV – Hamburger Taxenverband e.V

Eckpunkte des HTV-Konzeptes für die Weiterentwicklung des Hamburger Taxitarifs

Der HTV hat für die laufenden Diskussionen zum Taxitarif 2012 einen zweigeteilten Vorschlag entwickelt: Kurzfristig die Rücknahme der Karenzminute, teilweise ausgeglichen durch Verzicht und Rücknahme von Tariferhöhungen – und ab nächstem Jahr eine Umstellung der Taxipreise von der strecken- auf einen zeitdominierten Tarif. In den Verhandlungen mit den anderen Verbänden wird der HTV wegen des derzeitigen Zwangs zu unbezahlter Arbeit auf eine intensive Information und eine notfalls kämpferische Auseinandersetzung mit der Politik dringen.

Der HTV – Hamburger Taxenverband Hamburg e.V. – findet den überwiegend nach Strecke errechneten Fahrpreis nicht mehr zeitgemäß. Die Kundschaft kennt es von anderen Dienstleistern gar nicht anders, als dass sich die Preise zuallererst auf den Zeitfaktor stützen. „Zeit ist Geld“ ist der Kundschaft wohlvertraut, und die meisten sind sehr überrascht, wenn sie beispielsweise vor einer roten Ampel vom Taxifahrer erfahren, dass dieser gezwungen wird, seine Dienstleistung gerade kostenlos zu erbringen. Rechnen tut damit so gut wie kein Fahrgast, und fordern tut es von den Kunden gar niemand. Das Argument der Behörde, die Fahrpreise sollten im Verbrauchersinne immer vergleichbar und erwartbar sein, unabhängig von der Verkehrslage, ist ein rein dogmatisches und ideologisches Argument, das keinesfalls der Erwartungshaltung des zahlenden Publikums entspricht. Die Kunden verlangen auch gar nicht, dass man einen nicht unbeträchtlichen Teil seiner Arbeit kostenlos erbringt, es widerspricht jeder gängigen Erwartungshaltung von Konsumenten. Insofern sind die guten Absichten, die mit der Einführung der Karenzminute vor einem Jahrzehnt verbunden waren, wirkungslos verpufft – außer, dass Hamburger Taxifahrer und -unternehmer merklich weniger verdienen als Kollegen in zahlreichen anderen prosperierenden Städten Deutschlands. Städtevergleiche unterschlagen gern die schwierig zu beziffernden Auswirkungen der kostenlosen Arbeitszeit.

Für einen zeitbasierten Taxitarif spricht aber nicht nur die Erwartungshaltung der Kunden. Auch die neuen Positionen der Behörden „Verkehrsgewerbeaufsicht (BWVI)“ und „Amt für Arbeitsschutz (BGV)“ im Hinblick auf die Entlohnung angestellter Fahrer sowie die Begründung mit der Verkehrssicherheit gebieten konsequenterweise einen anderen Taxitarif. Der jetzige streckenbasierte Fahrpreis will nicht so recht passen zu der neuen Zeitentlohnung von Fahrpersonal, hier ist vielmehr ein Systembruch zu erkennen. Auch verführt der streckenbasierte Fahrpreis zu überhöhter Geschwindigkeit, Rotlichtverletzung und andere, riskante wie rechtswidrige Fahrstile. Dagegen passt ein zeitbasierter Fahrpreis zu einer zeitbasierten Fahrerentlohnung, und er belohnt darüber hinaus eine gemäßigte Fahrweise.

Der HTV hat in einer Protoyp-Tabelle [1] errechnet, dass bei den derzeit herrschenden Verkehrsverhältnissen und einer durchschnittlichen Stadt-Fahrgeschwindigkeit von 24 km/h die lineare Berechnung von € 39,- und einem Kilometersatz von € 0,21 (bei einem Grundpreis von € 5,- inkl. 1 km und inkl. 3 Minuten) zu vergleichbaren Fahrpreisen [2] zum derzeit gültigen Taxitarif führt – mit einer wichtigen Ausnahme: Sinkt die durchschnittliche Geschwindigkeit z.B. im innerstädtischen Bereich oder bei anderen stockenden Verkehrsbedingungen, steigt der Fahrpreis an („Zeit ist Geld“). Kommt man zügiger voran, sinkt der Fahrpreis. Rasen wird nicht mehr belohnt, und die Preisspanne entwickelt eine steuernde Wirkung: Zeitlich ungebundere Kunden, wie z.B. ältere Menschen mit ihren Fahrten zum/vom Arzt oder Einkaufs-/Supermarkt-Fahrten, können in nachfrage- und stauärmere Zeiten wechseln und so einen günstigeren Fahrpreis erzielen. Bei gesunkenen Wagenzahlen (in Folge von Marktbereinigungstendenzen) führt dieser Effekt zu einer besseren und gleichmäßigeren Auslastung der Taxen. Das vom HTV entwickelte Modell eines zeitbasierten Tarif ist allerdings noch zu ergänzen um einen Hebel, damit auch die Fahrten mit höheren Geschwindigkeiten (z.B. periphere Fahrten, Fernfahrten) vergleichbare Erlöse wie heute erzielen. Insofern ist die vom HTV entwickelte Prototyp-Tabelle noch nicht praxistauglich und bedarf eines „Schnell-/Fern-Tour“-Hebels, also einiger Ergänzungen und Verfeinerungen. Der HTV weist darauf hin, dass sich bei einem zeitbasierten Taxitarif die künftigen Anpassungen des Taxitarifs leichter herleiten lassen aus den statistisch gut erfassten Lohn- und Einkommensveränderungen. Im Ergebnis würde ein zeitbasierter Taxitarif der weiteren Angleichung an Üblichkeiten im sonstigen Wirtschaftsleben außerordentlich dienlich sein und insofern bei einer weiteren Normalisierung unserer Branche helfen.

Der HTV empfiehlt, einen solchen Paradigmen-Wechsel (zeit- statt streckenbasierter Taxitarif) gut vorzubereiten. Mittels externem Gutachten sowie praktischer Überprüfungen mit Schatten-Taxametern können die Auswirkungen eines solchen Wechsels gut überprüft sowie ggf. Fein- und Nachjustierungen ermöglicht werden. Eine solche Umstellung würde also sinnvollerweise erst für 2013 gelten. Für die jetzt zu diskutierenden und entscheidenden Tarifanpassungen 2012, auch als konsequente Hinleitung zu dem Paradigmen-Wechsel, entfiele die Karenzminute (KM). Ein ersatzloses Streichen der KM würde eine ca. 12% Preiserhöhung bedeuten, was kaum vermittelbar wäre. Insofern sind Kompensationen für den Wegfall der KM unumgänglich. Der HTV schlägt für 2012 vor:
– Wegfall der Karenzminute
– Verzicht auf eine diesjährige Erhöhung
– Rücknahme der letztjährigen Erhöhung
ergibt eine tatsächliche faktische Preiserhöhung von gut 3%

Darüber hinaus befürwortet der HTV einen erhöhten Grundtarif à la Düsseldorf („Citytarif“ € 5,50 inkl. 1,4 km und 2 Minuten Wartezeit) sowie einen Zuschlag für bargeldlose Fahrten nach Berliner Vorbild (Kartenzahlung, VR-Touren) in Höhe von € 1,50, da hier tatsächliche zusätzliche Belastungen durch Gerätschaften, Gebühren, Zinsbelastungen und Fakturierung und damit reale zusätzliche Kosten entstehen, die durch den Taxitarif nicht abgedeckt werden, der ja auch nicht (z.B. durch Preisnachlässe o. Abschläge) rabattiert werden darf.

[1] Bei Bedarf kann diese zugesendet werden, dazu bitte kurze eMail an vorstand@hamburgertaxenverband.de
[2] Die Unterschiede zwischen einem neuen und einem alten Fahrpreis betragen bei den geschilderten Grundannahmen jeweils nur zwischen € 0,10 bis € 0,20 .