HTV – Hamburger Taxenverband e.V
HTV lehnt Erweiterung und Verlängerung der CleverShuttle-Konzession ab
Die „Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation“ hat u.a. den HTV aufgefordert, gutachtlich Stellung zu nehmen zu den Konzessionsanträgen von CleverShuttle. Die Firma möchte ihr Sammeltaxi-artiges Angebot in Hamburg künftig mit 30 Autos mehr und außerdem noch verlängert bis 2021 „erproben“. Der HTV lehnt dieses ab.
Die „Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation“ hat u.a. den HTV aufgefordert, gutachtlich Stellung zu nehmen zu den Konzessionsanträgen von CleverShuttle. Die Firma möchte ihr Sammeltaxi-artiges Angebot in Hamburg künftig mit 30 Autos mehr und außerdem noch verlängert bis 2021 „erproben“. Der HTV lehnt diese Anträge ab.
Die Stellungnahme des HTV im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Meyenborg,
mit Schreiben/eMail vom 22.12.2017 baten Sie um Stellungnahme zu dem Änderungsantrag der Fa. CleverShuttle Hamburg GmbH. Die Firma strebt eine Erweiterung von 20 auf 50 Fahrzeuge sowie eine Verlängerung der vorhandenen Genehmigung um zusätzliche gut 2 Jahre und viereinhalb Monate an.
Im Gegensatz zum Zeitpunkt der ersten Beantragung sowie der Genehmigung vom 03.02.2016 handelt es sich bei der von der Antragstellerin betriebenen Verkehrsform nicht mehr um eine neue Verkehrsart gemäß § 2 Abs.7 Personenbeförderungsgesetz (PBefG), welche es erst noch zu erproben gilt und für die von den Vorschriften des PBefG ausnahmsweise abgewichen werden kann.
Tatsächlich werden die wichtigsten Punkte des CleverShuttle-Konzeptes mittlerweile von den beiden größten Taxiflotten in Hamburg, namentlich der mytaxi-Flotte und der Flotte von Hansa Funktaxi, seit Dezember 2017 regelhaft angeboten. Es handelt sich um dabei um
a) „Tür-zur-Tür-Beförderung“ ohne Fixpunkte und feste Abfahrtszeiten;
b) Konzessionierte Fahrzeuge, angestellte Fahrer mit Personenbeförderungsschein
c) Fahrgstanfragen per „App“ – Bündelung durch computergestützten Algorithmus
d) Gemeinsamer Transport von Personen mit ähnlichen Routen in einem Fahrzeug
(entsprechen den Punkten 1 – 4 des Konzeptes von CleverShuttle aus dem Erstantrag).
Der Betrieb einer elektromobilen Flotte ist wiederum kein tragendes Argument für die Annahme einer neuen Verkehrsart im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes. Hinzu kommt, dass die Hamburger „Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation“ mit ihrer Stellungnahme zur Elektromobilität selbst auf die faktische Unmöglichkeit eines wirtschaftlichen Einsatzes im Gelegenheitsverkehr hinweist (Drucksache HH-Bürgerschaft 21/10349 über Sachstand Elektromobilität, Kapitel 3.1.2. „Taxen“). Die dort von der Behörde selbst aufgeführten Gründe sind:
– Ein Mangel an erforderlicher Reichweite (akkugepufferte Elektromobilität) bzw. mangelnde
Tankinfrastruktur (Brennstoffzellen-gespeiste Elektromobilität)
– längere Ladezeiten bringen wirtschaftliche Nachteile
– Anschaffungspreise für Elektro-Fahrzeuge zu hoch
– es fehlen attraktive Fahrzeugmodelle
– es mangelt an spezifischer Kundennachfrage
Der Grund, dass CleverShuttle trotz der angeführten Gründe Brennstoffzellen-Fahrzeuge mit einem Listenpreis von rund EUR 80.000,- einsetzen kann, liegt ausschließlich an der Gesellschafterstruktur. Mit Daimler und vor allem der Bahn hat CleverShuttle bzw. die dahinter stehende Fa. GHT Mobility GmbH zwei potente Investoren, welche das ökonomisch fragwürdige Geschäftsmodell finanzieren. Insbesondere bei dem letztgenannten Gesellschafter mit einem Alleinaktionär „Bundesrepublik Deutschland“ stellen sich nicht zuletzt europarechtlich Fragen im Hinblick auf ein Subventionsverbot. Dieses scheint die BWVI bisher nicht oder nicht in ausreichendem Maße geprüft zu haben.
Aus hiesiger Sicht werden mittels millionenschwerer Subventionen sowohl der ÖPNV als auch das Taxigewerbe, welches selbst subventionsfrei und selbsttragend arbeitet, einer in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht unzulässigen Konkurrenz ausgesetzt, welche mit unrealistisch niedrig angesetzten Preisen einen unfairen und rechtswidrigen Verdrängungswettbewerb betreibt. Es ist ausgeschlossen, dass das jetzt erprobte Geschäftsmodell jemals auch nur in die Nähe von Kostendeckung kommen kann und wird. Gegenteilige Berechnungen hat die Antragstellerin weder zum Zeitpunkt der Erstbeantragung noch bei den jetzigen Erweiterungs- und Verlängerungs-Anträgen angestellt oder zumindest nicht angeführt.
Der unfaire Wettbewerb gegenüber den Mobilitäts-Grundversorgern ÖPNV und Taxi zeigt sich auch in dem sowohl geografisch als auch zeitlich eingeschränkten Fahrbetrieb, bei dem der Vorwurf der Rosinenpickerei nicht erpart werden kann. Das Gebiet, in dem CleverShuttle seine Dienste anbietet, umfasst nicht mehr als ca. ein Viertel des Gebietes der Freien und Hansestadt Hamburg, und an immerhin 54 Stunden pro Woche, also einem (knappen) Drittel der Wochenzeit, wird überhaupt kein CleverShuttle-Service angeboten. Es ist bemerkenswert, dass in dem der Erstgenehmigung zugrundeliegenden Konzept in Punkt 6 angekündigt wird: „Nach spätestens 12 Monaten wird der Service täglich an 24 Stunden angeboten“, und es ist erst Recht bemerkenswert, dass die Genehmigungsbehörde weder solche zeitlichen Aussagen noch solche zu der Angebots-Fläche in ihrem Genehmigungsbescheid aufgegriffen hat. Dadurch wird die Möglichkeit eines öffentlichen Erkenntnisgewinns im Hinblick auf eine „neue Verkehrsart“ stark geschmälert.
Die aus Sicht der Antragstellerin bisher nicht ausreichenden Erfahrungswerte hat sie zu einem gehörigen Anteil selbst zu verantworten, weil es nach Konzessionserteilung noch ca. 1,5 Jahre gebraucht hat, bevor der CleverShuttle-Betrieb gestartet wurde. Hierauf muss die Genehmigungsbehörde im Hinblick auf die Zuverlässigkeit der Antragstellerin Konsequenzen ziehen.
Im Ergebnis wird die Grundversorgung mit Mobilität im Rahmen der Daseinsvorsorge gefährdet, was sowohl der Intention des PBefG als auch gültiger Rechtssprechung, auch höchstrichterlicher, widerspricht. Die Güterabwägung der Genehmigungsbehörde muss erfolgen zugunsten der zuverlässigen Befriedigung des Grundrechtes auf Mobilität für breite Teile der Bevölkerung. Diese Grundversorgung wird ausschließlich durch den Linienverkehr des ÖPNV sowie den Gelegenheitsverkehr mittels Taxis gewährleistet, und zwar im gesamten Stadtgebiet und zu jeder Stunde des Jahres. Das privatrechtliche Ausprobieren neuer Geschäftsmodelle muss dort Grenzen finden, wo es, wie hier bei der von CleverShuttle geplanten Erweiterung um 150% an Fahrzeugen, zu einer zunehmenden Gefährdung von Mobilitätsangeboten als Daseinsvorsorge kommen würde. Dumpingpreise und der einhergehender Verdrängungswettbewerb sind zudem von der BWVI konsequent zu unterbinden, weil diese später, nach Zurückdrängen der ÖPNV- und Taxi-Konkurrenz, zu teils deutlich höheren Konsumenten-Preisen für die Personenbeförderung führen würde.
Beantragt wird eine Konzession „zur praktischen Erprobung neuer Verkehrsarten oder Verkehrsmittel“ nach § 2 Abs. 2 Punkt 7 PBefG. Damit wollte der Gesetzgeber eine Möglichkeit schaffen, Verkehrsformen auszuprobieren, die zum Zeitpunkt des Entstehens des Gesetzes noch nicht bekannt waren.
Tatsächlich sind die Fahrten von CleverShuttle aber Gelegenheitsverkehr, der weder auf festen Routen noch nach festen Fahrplänen fährt, sondern die Fahrtzeiten und Routen ausschließlich nach den Erfordernissen der Besteller ausrichtet. Die ganze Ausrichtung des Projekts ist unzweideutig „Gelegenheitsverkehr“.
Beim Gelegenheitsverkehr mit PKWs kommt neben dem Taxi nur die Kategorie Mietwagen in betracht. Für diese Kategorie hat der Gesetzgeber in § 49 Abs. 4 ausdrücklich nur „Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, die nur im ganzen zur Beförderung gemietet werden“ erlaubt, also eben nicht die für das „Pooling“ notwendige sitzplatzweise Vermietung. Bei der sitzplatzweisen Vermietung eines des ganzen Charakters nach nur als Mietwagen zu kategorisierenden Verkehrsmittel handelt es sich eben nicht um eine „neue Verkehrsart“, sondern um eine dem Gesetzgeber schon bekannte und von diesem ausdrücklich untersagte.
Für den HTV-Vorstand
Hochachtungsvoll
Clemens Grün
Die Stellungnahme als PDF kann HIER heruntergeladen werden.