HTV – Hamburger Taxenverband e.V

Zusammenfassender Bericht: Provisions-Löhne für Taxifahrer sind rechtswidrig

Am heutigen Freitag 20.1.2012 haben Gisbert Eichberg und Clemens Grün für den „HTV – Hamburger Taxenverband e.V.“ an einer Veranstaltung in der „Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation“ (BWVI) zum Thema „Fahrerentlohnung im Taxengewerbe“ teilgenommen, die um 10:00 Uhr begann und um 12:15 endete. Eingeladen hatte die „Verkehrsgewerbeaufsicht“, wobei im Vorgang mal von einer „Anhörung“ und mal von einer „Diskussionveranstaltung“ die Rede war. Letzteres traf den Verlauf besser – eine Zusammenfassung.

Anwesend waren Vertreter sämtlicher Verbände sowie Zentralen-Abgesandte, dazu Vertreter der Handelskammer und zahlreiche Behördenmitarbeiter der behördlichen Taxenaufsicht (u.a. Herr Ritter und Herr Dr. Glitza, dazu zwei Vertreter des „Amtes für Arbeitsschutz“ (AFA, in der „Behörde für Gesundheit und Vebraucherschutz“, BGV). Den Vorsitz der Sitzung hatte der Dezernatsleiter der Verkehrsgewerbeaufsicht im Rechtsamt der BWVI Herr Werner.

Nachdem Werner einleitete, dass die Lohnhöhe des Fahrpersonals kein Thema für die Behörde ist, auch das Thema Mindestlohn nicht, stellte Herr Hellbach (AFA, Leiter für Grundsatzangelegenheiten des Arbeitsschutzes, Arbeitsschutzkonzepte und Arbeitsschutzmanagementsysteme) klipp und klar fest: Nach Prüfung des „Fahrpersonalgesetzes“ und seines § 3 (Verbot von Akkordlöhnen für Fahrpersonal), verschiedener Gesetzeskommentare und auch der Entstehung und Begründung des Gesetzes hat sich dieses zuständige Amt folgende Rechtsmeinung gebildet: Die in Hamburg und anderen Städten gängige Praxis einer Entlohnung nach Umsatz-Prozenten ist rechtswidrig. Diese Hamburger Position wird, bei einer nicht genannten Ausnahme, von sämtlichen anderen Länder-Ämtern geteilt.

Einwände von verschiedenen Diskussions-Teilnehmern, die die Praktikabilität einer Festlohn-Regelung für Taxifahrer in Frage stellten, erteilte Herr Hellbach eine klare Abfuhr: Als Überwachungsbehörde diskutiere sie mit Betroffenen nicht über Gesetze. Eine Provisionzahlung (im weiteren auch gerne als „Akkordlohn“ bezeichnet) ist mit dem „Gesetz über das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen und Straßenbahnen“ (Fahrpersonalgesetz, FPersG) „nicht vereinbar“. Allerdings stellte Hellbach folgende Möglichkeit in den Raum: Um Rechtssicherheit zu bekommen, könnte das Amt mit einem dafür bereitstehenden Unternehmer einen „Musterprozess“ führen.

Nach diesen klaren Ansagen fragten Gewerbevertreter wie Lohse (Taxenunion / Hansa), warum sie überhaupt hier säßen, wenn es da nichts zu diskutieren gäbe, Schütte (LPVG / Hansa) ergänzte, nach solchen Vorgaben seien Diskussionen ja „sinnlos“. Herr Hellbach entgegnete, dass die Gewerbevertreter ja hier nicht sitzen müssten, die Veranstaltung sei ja freiwillig. Ansonsten sei es den Branchenvertretern unbenommen, Vorstöße beispielsweise beim Bundesverkehrsminister oder bei der Europäischen Union zu starten.

Werner kündigte an, dass seine Behörde plane, einen rechtskonformen Muster-Arbeitsvertrag zu veröffentlichen. Darauf intervenierte Stambula und schlug ein Treffen in kleinerer Runde mit „drei, vier Unternehmern“ bei der Behörde vor. Als Werner auf dieses Angebot einging, intervenierten die HTV-Vertreter und stellten klar, dass ein Musterarbeitsvertrag nur zusammen mit Arbeitnehmervertretern erarbeitet werden könne. Der (freundlich formuliert:) Widerstand der Unternehmerverbände zeigte Wirkung bei Werner. Selbst dem Hinweis des neben ihm sitzenden AFA-Vertreters Hellbach auf die behördliche Neutralität sowie der praktische Vorschlag, die kleine Unternehmerrunde könne einen Behördenvertreter einladen (ansatt behördlicherweits eingeladen zu werden), widersetzte sich Werner. Er sagte aber zu, dass er zu einem zweiten Termin dann mit dem HTV/ Arbeitnehmervertetern einladen würde.

Herr Ritter ergänzte, dass es im Taxi-Gewerbe zahlreiche Arbeitsverträge z.B. ohne Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gäbe. Angestellte Taxifahrer, die bei Krankheit ohne Verdienst dastehen würden, wären gezwungen, auch bei Krankheit zu fahren. Er erwähnte weitere brachenübliche Rechtswidrigkeiten wie die im Gutachten erwähnten Fahrschichten bis zu 14 Stunden oder auch die bei Kontrollen festgestellten Müdigkeitserscheinungen bei Fahrern. Ritter und auch Werner kündigten an, dass die Einhaltung solcher unstrittigen Mindeststandards wie Lohnfortzahlungen oder Gewährung von Urlaub künftig auch konzessionsrechtlich relevant würden.

Vom HTV wurden zahlreiche weitere flächige Gesetzesverstöße genannt wie die regelhaften Verstöße gegen die Arbeitszeitgesetze oder die flächigen Steuer- und Abgabenverkürzungen durch die vorsätzlichen Falschberechnungen der Sonn-, Nacht- und Feiertagszuschläge. Die flächigen Gesetzesverstöße führten zu einem unfairen Wettbewerb auf dem Taximarkt. Wenn die konsequente Anwendung der Arbeitnehmerschutzgesetze zu einer Marktbereinigung beitrage, wären in dieser Branche mit deutlichen Überkapazitäten auch Lohnsteigerungen für angestellte Fahrer möglich. Die konsequente Anwendung der Arbeitsschutz-Gesetze könnte einen ähnlichen Effekt wie eine Konzessionsbeschränkung haben, würde aber den freien Wettbewerb nicht behindern.

Herr Hellbach wies die Unternehmer darauf hin, dass ein Musterprozess die ansonsten möglichen Gestaltungs-Chancen, die man in Gesprächen hätte, verhindern würde.

Herr Werner wies auf zwei Mustervertrags-Texte des des Arbeitgeber-Bundesverbandes BZP hin, wo es in einer Variante sehr wohl einen Festlohn gäbe und in der anderen einen Basislohn plus Bonuszahlungen. Werner fragte, warum so etwas nicht auch in Hamburg gehen sollte? Er forderte den HTV und andere auf, Vorschläge aus Arbeitnehmersicht zu machen und wollte auch Tarifverträge aus anderen Städten zur Erarbeitung heranziehen.

Herr Dr. Glitza von der Verkehrsgewerbeaufsicht nahm das von den HTV-Vertretern genutzte Wort von der Scheinselbstständigkeit auf und gab eine jüngste Rechtssprechung bekannt: Vor wenigen Tagen habe das OVG Hamburg ein Urteil aus 2009 für wirkungslos erklärt – der zwischenzeitlich gerichtlich sanktionierte Weg eines selbstständigen Taxifahrers (in einem fremden Taxi) wurde gekippt. Es gibt weiterhin nur selbstständige und angestellte Taxifahrer, nichts dazwischen.

Diese Kurzzusammenfassung soll durch ein ausführlicheres und detailierteres Verlaufs-Protokoll ergänzt werden. Wir werden dieses bei der unten aufgeführten Veranstaltung vortragen. Dass es aus Zeitgründen nicht zu der Schriftform vor der Veranstaltung gereicht hat, bitten wir zu entschuldigen.

Wir laden zu dem Thema am Dienstag 24. Januar 2012 ab 14:00 zur

Infoveranstaltung „Fahrerlöhne / Arbeitsbedingungen“

in der Gaststätte „Roxie“

Alsterdorfer Str. 288, Ecke Heubergredder (unweit des Taxihauses Alsterdorf)

Wir informieren gerne alle interessierten angestellten und selbstständigen Taxifahrer in Hamburg über den Verlauf und unsere Bewertung der Anhörung (Fr. 20.1.2012 bei der BWVI Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation) und möchten mit Euch über Konsequenzen und die weiteren Schritte beraten.